Virtues of Wood

Die bemerkenswerten Totholz-Skulpturen, die im Zentrum unserer neuen Kollektion stehen, haben wir an der Hawke’s Bay, einem Strand in Neuseeland entdeckt und sie haben uns sofort fasziniert. Sie dienten einst als Lebensraum für unzählige Organismen. Jetzt kann man sie in unserer neuen Kollektion «Virtues of Wood» als von der Natur geschaffene Kunstwerke bewundern.

Totholz ist nicht «tot», ganz im Gegenteil, es ist ein Ort der Verjüngung. Es liefert den Jungpflanzen Nährstoffe und schützt sie gegen Trockenheit durch seine Fähigkeit, Wasser zu speichern. Totholz ist ein wesentlicher Bestandteil des Waldökosystems. Pilze, Flechten, Moose, Farne und viele Insektenarten haben sich im Laufe der Evolution an diesen Lebensraum angepasst. Zwischen Pilzen und Insekten gibt es eine Vielzahl von Wechselbeziehungen. Insekten übertragen Pilzsporen auf das Holz, und die Pilze wiederum können zur Nahrungsquelle und zum Lebensraum anderer Insekten werden. Dieser Prozess ist für die Erhaltung der Artenvielfalt und Biodiversität unerlässlich.

Durch die Forstwirtschaft und die steigende Nachfrage nach Energieholz sind viele Tiere und Pflanzen, die auf Totholz angewiesen sind, bedroht. Alle können dazu beitragen, diesen Lebensraum zu schützen, indem man Totholz im Wald liegen lässt oder selber im Garten oder auf dem Balkon Asthaufen platziert.

Wir möchten diesem aus unserer Sicht noch zu wenig beachteten Thema mit der neuen Kollektion «Virtues of Wood» zu einer Bühne verhelfen und gleichzeitig dieses Wunder der Natur zur Inspiration in die Wohn- und Arbeitsräume bringen.

Interview mit Dr. Rita Bütler von der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Wieso ist Totholz so wichtig für unsere Wälder?

Totholz gehört zum natürlichen Waldzyklus und ist die Lebensgrundlage für tausende Arten von Tieren, Pflanzen, Pilzen, Moosen und Flechten. Mehr als ein Viertel aller Waldarten der Schweiz sind auf Totholz angewiesen, d. h. zum Beispiel 2’750 verschiedene Pilze oder 1’700 Käferarten, aber auch Vögel, Fledermäuse und viele mehr.

Tote Bäume spielen eine Rolle als Keimbett für die Waldverjüngung, besonders in Gebirgswäldern. Sämlinge profitieren nämlich vom Nährstoffangebot sich zersetzender liegender Totholzstämme oder Baumstrünke. Am Boden liegende Baumstämme oder stehende tote Bäume tragen auch zum Schutz vor Steinschlägen und Lawinen bei: sie stabilisieren den Boden und helfen, Bodenerosion bei Starkregen und Lawinenanrisse zu verhindern.

Tote Bäume speichern Wasser, wovon das Ökosystem Wald und seine Bewohner während Trockenperioden profitieren. Totholz enthält wichtige Nährstoffe und Kohlenstoff, die im Laufe des Totholzabbaus teilweise in den Boden überführt werden und damit zur Bodenfruchtbarkeit beitragen.

Totholz hatte nicht immer den Stellenwert wie heute. Warum? 

In bewirtschafteten Wäldern war Holz als Brenn- oder Baustoff über Jahrhunderte sehr begehrt. Auch dürre Bäume wurden fast restlos genutzt. So war Totholz in den Wäldern Zentraleuropas – auch in schwer zugänglichen Gebieten – lange Zeit kaum mehr vorhanden. Als der Holzbedarf nicht mehr so gross war, räumte man herumliegendes Holz oft aus purem Ordnungssinn oder Gründen des Waldschutzes weg.

Die Totholzmenge in der Schweiz nimmt seit dem Zweiten Weltkrieg zu. Seit den 1980er-Jahren hat sie gemäss Schweizerischem Landesforstinventar (LFI) stark zugenommen – hauptsächlich als Folge der Orkane Vivian (1990) und Lothar (1999). Dazu kommt, dass die Holzernte in schlecht zugänglichen Gebieten nicht mehr rentabel ist. Es bleiben wieder mehr abgestorbene Bäume im Wald als früher.

Wie wird Totholz in der Schweiz geschützt?

Das Bundesamt für Umwelt und die Kantone unterstützen im Rahmen der Schweizer Waldpolitik zwei wirksame, flächenbezogene Massnahmen für die natürliche Waldentwicklung und Förderung von Totholz finanziell: die Schaffung von Waldreservaten und von Altholzinseln. Bund und Kantone streben bis 2030 an, dass zehn Prozent der Schweizer Waldfläche als Reservate unter Schutz stehen, davon etwa die Hälfte als Naturwaldreservate, wo keine Nutzung mehr stattfinden soll. In diesen Flächen können die Bäume alt werden und ihren ganzen Lebenszyklus durchlaufen – bis zum Absterben und der Zersetzung. Für die Artenvielfalt und insbesondere für totholzabhängige Arten sind solche Flächen ein wahres Paradies.

Auch das Stehenlassen von sogenannten Habitatbäumen wird finanziell unterstützt und allen Waldbesitzern empfohlen. Habitatbäume tragen Merkmale wie Ast- oder Kronenbrüche, Rindenverletzungen, Höhlen, tote Äste und vieles mehr. Durch ihr Angebot an Totholz am lebenden Baum tragen sie ebenfalls viel für die spezialisierte Artenvielfalt bei, insbesondere wenn sie bis zu ihrem natürlichen Tod im Wald belassen werden.

Wie steht es um die Biodiversität unserer Schweizer Wälder?

Viele Jahrhunderte lang wurde der Wald landwirtschaftlich genutzt. Die mosaikartige Nutzung erhöhte die strukturelle Vielfalt und förderte jene Waldarten, die auf lichtreiche Habitate angewiesen sind. Im Laufe der Industrialisierung wurde der grosse Holzbedarf durch eine flächige, übermässige Holzentnahme gedeckt. Strukturreiche Waldflächen und Totholz wurden dadurch seltener; die Vielfalt an Lebensräumen und Arten ging zurück. Später wurde der Schweizer Wald durch die gezielte Förderung von wenigen Baumarten sowie durch Aufforstungen und Pflanzungen stark verändert. Das primäre Ziel war Holzproduktion. Als Folge ist heute vielerorts die Fichte die dominante Baumart und viele Bestände sind gleichaltrig und strukturarm aufgebaut. Dies alles hatte negative Auswirkungen auf die Biodiversität.

Heute steht es im Schweizer Wald um die Biodiversität besser als in anderen Lebensräumen: der naturnahe Waldbau lässt naturferne Fichtenbestände langsam verschwinden, und die Baumartenvielfalt nimmt zu. Zudem wird der Wald zu über 90 Prozent natürlich verjüngt. Naturverjüngung und Reservate tragen beide zur Sicherung der genetischen Vielfalt im Wald bei.

Hinsichtlich der Biodiversität ist die Entwicklung somit grundsätzlich positiv. Trotzdem bestehen Defizite. Selten und gefährdet sind vor allem licht- und wärmeliebende Arten sowie Habitatspezialisten biologisch alter Entwicklungsphasen. Eines der grössten Defizite, vor allem im Mittelland, ist das Fehlen von vielfältigen Strukturen und der Mangel an Totholz und alten Bäumen.

Was kann jede/-r von uns tun, um Totholz zu schützen?

Totholz existiert in vielfältigen Formen: vom Asthaufen über den am Boden liegenden Baumstamm, die Holzerntereste, abgestorbene Äste am lebenden Baum bis zum ganzen stehenden toten Baum. Auch wer keinen Wald besitzt, kann Totholz fördern. Hier einige Beispiele:

  • Im Garten: Asthaufen an schattigen und sonnigen Plätzen installieren, einzelne tote Äste oder Astteile an lebenden Bäumen belassen, Insektenhotels mit Holzstücken einrichten.
  • In Parks: alte und weniger vitale Bäume belassen, jedoch den direkten Zugang darunter aus Sicherheitsgründen verhindern, z. B. mittels einer Abschrankung oder durch Einrichten einer Blumenwiese ohne Mahd, dekorative Holzbeigen für Totholzbewohner einrichten.
  • In Landwirtschaftszonen: Einzelbäume und Baumhecken erhalten, tote Stämme an Waldrändern am Boden belassen, kein präventives Entfernen toter Bäume, allenfalls fällen und am Boden lassen.
  • Beim Waldspaziergang: Bemühungen des lokalen Forstdienstes zur Förderung von Totholz erkennen und schätzen, den Kindern die Bedeutung von Totholz erklären, Habitatbäume erkennen und dem lokalen Forstdienst kommunizieren.
  • In Schulen: Aktivitäten rund ums Totholz organisieren, z. B. mit Hilfe von Partnerorganisationen (lokaler Forstdienst, Silviva, BirdLife, WWF, Pro Natura usw.).

Weitere Informationen zum Thema: totholz.ch

Small Print Collection

Prozess

Vernissage in einem Wald in Zürich

Noch immer sind wir verzückt vom schönen Frühlingsabend im Zürcher Wald, wo wir unsere neue Edition «Virtues of Wood» präsentiert haben. Durch den Wald wandelnd konnten die einzelnen Werke entdeckt werden, gleichzeitig erfuhren die Gäste mehr über die wichtige Rolle des Totholzes für einen lebendigen Wald und die Biodiversität.